Realtalk: Warum ich mein Angebot nicht mehr nur an Frauen richte

Realtalk: Warum ich mein Angebot nicht mehr nur an Frauen richte

Vor genau einem Jahr habe ich mich selbstständig gemacht. Mit Rhetorina wollte ich weiblich gelesenen Personen dabei helfen, ihre eigene Stimme zu finden und diese zu erheben. Feminismus ist nicht nur für mich ein tägliches Thema. (Harmloses Beispiel incoming:) Das geht schon los, wenn ich mir eine Jeanshose mit zu kleinen Taschen anziehen soll, damit ich mir eine Handtasche kaufe in die ich dann noch mehr Zeug reintun soll, das ich mir noch kaufen soll (und meist ist dieses Zeug dann teurer, wenn es für Frauen deklariert und rosa ist, als wenn es für Männer deklariert und blau ist, obwohl es exakt der gleiche Gegenstand ist). Während Männer sich einfach ne Hose kaufen und nebst Schlüssel, Handy und Geldbeutel noch reichlich Platz in den Hosentaschen bleibt. Kurzum: Das Patriarchat und der Kapitalismus erinnern mich jeden Tag daran, dass ich eine Frau bin und dass ich scheinbar anders behandelt werden muss und anders gesehen werde, als ein Mann. Ja ich bin auch nicht so viel Wert, wie ein Mann (Gender Pay Gap). Und ich soll vor allem eins sein: still und lieb und angepasst. This is a man’s world. Wenn es beim Sich-Anzupassen etwas zu gewinnen gäbe (haha, garantiert nur für den, an den sich angepasst wird), dann hätte ich insbesondere in meiner Jugend und in meinen Zwanzigern eine Goldmedaille verdient. Das war doch kein selbstbestimmtes Leben! Also wollte ich was machen. Ich wollte alle weiblichen Personen daran erinnern, dass sie eine Stimme haben, dass sie wertvoll sind und dass sie sagen können, was sie denken. Und zwar in jeder Situation und in ihren eigenen Worten. Und es wird gut sein. Als Master of Arts in Allgemeiner Rhetorik wollte ich also strategische Kommunikation und Feminismus verbinden und damit anderen helfen.

Aber wisst ihr was? Ich habe es nicht gefühlt, mein Coaching Angebot nur an Frauen zu richten. Warum? Weil das Patriarchat und der Kapitalismus alle Geschlechter diskriminieren. Männer, die an meinem Angebot interessiert waren, beklagten, dass sie keine Kurse bei mir machen können, es aber dringend brauchten. Ein mir nahestender Mann hätte in seinem Leben, das von Mobbing und Struggels, irgendwo hineinzupassen, geprägt war, eine Anlaufstelle wie Rhetorina gut gebrauchen können. Einen Ort, wo alle Menschen willkommen sind und alle erleben können, dass ihre einzigartige Persönlichkeit und ein einfaches Rhetoriktraining ihr Selbstwertgefühl stärkt und ihnen Mut macht, in jeder Lebenslage authentisch zu kommunizieren. 

Natürlich war mir schon vorher klar, dass Feminismus ein gerechtes und chancengleiches Leben für alle Geschlechter, und nicht nur Frauen fordert. Und mir war schon vorher klar, dass Männer wie Frauen und alle anderen Geschlechter unter patriarchalen Strukturen leiden. Aber was mir erst jetzt so richtig klar geworden ist, ist:

>>> Es kommt nicht darauf an, welches Geschlecht und welche Privilegien du (nicht) hast, sondern darauf, auf welcher Seite du stehst und welche Überzeugung du vertrittst. Und mit Rhetorina stehe ich auf der Seite aller Menschen, die in ihrem Leben Diskriminierung und Andersbehandlung erfahren haben, die um zu (Über)leben sich anpassen mussten, die Angst haben, ihre Meinung zu sagen oder überhaupt irgendwas zu sagen, alle Menschen, die übersehen und überhört werden, weil sie still und in sich gekehrt sind, die vielleicht Gewalt erfahren haben auf eine oder mehrere ihrer zahlreichen Arten, die herausfinden wollen, wer sie eigentlich sind und wie sie sich zeigen und mit und vor anderen Menschen sprechen wollen – auf ihre eigene, authentische Weise. Und das im Job und Zuhause, draußen auf der Straße, beim Autokauf, in der Schule, bei Familienfeiern oder auf der Bühne – einfach immer und überall. Rhetorik ist allgegenwärtig und alle Menschen haben es verdient, einen eigenen Zugang zu finden.

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